„Ich würde es jederzeit wieder machen!“

Für Maximilian Kleist war die Stamm­zell­spende ganz selbst­ver­ständlich und zudem „ratz-fatz“ vorbei.

„Ich hatte keine Bedenken und wollte einfach nur dem kranken Menschen helfen“, erinnert sich Maximilian Kleist.

Jährlich erkranken rund 2.200 Kinder und Jugend­liche in Deutschland an Krebs. Fast 45 % dieser Patienten betrifft das blutbil­dende System. Viele der betrof­fenen Kinder können durch eine Stamm­zell­trans­plan­tation geheilt werden. Dabei werden die kranken Blutzellen durch die gesunden Stamm­zellen eines passenden Spenders ersetzt. Steht in der Familie kein geeig­neter Spender zur Verfügung, wird im weltweiten Spender­re­gister nach einem sogenannten „Fremd­spender“ gesucht. Obwohl schon mehr als 43 Millionen freiwillige Spender regis­triert sind, finden noch immer zu viele Patien­tinnen und Patienten keinen passenden Spender. Abhilfe kann hier nur geschaffen werden, wenn sich noch viel mehr Freiwillige regis­trieren lassen.

Genau hier setzt das Engagement der Eltern­in­itiative an. Schon seit 2006 führt der Verein zusammen mit der Stiftung AKB Typisie­rungs­ak­tionen durch, um neue Stamm­zell­spender für die Datei der AKB zu gewinnen. Dem Geschäfts­führer des Vereins, Thomas Kleist, ist die Regio­na­lität ein beson­deres Anliegen. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden, mit der Stiftung AKB als bayeri­scher Insti­tution zusam­men­zu­ar­beiten. So haben die Spender keine unnötig weite Anreise und werden darüber hinaus optimal betreut.“ Für diese gemein­samen Typisie­rungs­ak­tionen wird das Mildred-Scheel-Haus zur Verfügung gestellt. Viele fleißige Helfer aus dem Verein unter­stützen das Team der Stiftung AKB.

Maximilian Kleist bei der Typisie­rungs­aktion durch die AKB

Der Erfolg der Aktionen kann sich sehen lassen! Mehr als 3.000 Neure­gis­trie­rungen konnte die AKB durch die Eltern­in­itiative-Aktionen verzeichnen, von denen bereits 39 tatsächlich schon Stamm­zellen gespendet haben und damit einem schwer­kranken Menschen die Chance auf ein neues Leben schenken durften.

Einer dieser selbst­losen Lebens­retter ist der Sohn von Thomas Kleist. Maximilian hatte sich bei einer Typisie­rungs­aktion im Mildred-Scheel-Haus in Augsburg ein Röhrchen Blut abnehmen lassen, um als Stamm­zell­spender regis­triert zu sein. Drei Jahre später erreichte ihn der Anruf einer AKB-Mitar­bei­terin, dass er als möglicher Stamm­zell­spender infrage komme. Sein erster Gedanke war: „Krass, dass es mich getroffen hat!“ Eine Absage stand für ihn nie zur Diskussion und daher infor­mierte er sich ausführlich über das Thema. So wurden ihm die beiden unter­schied­lichen Methoden der Stamm­zell­spende vertraut. Da die Gewebe-Merkmale eines Spenders routi­ne­mäßig erneut mit denen des Patienten abgeglichen werden müssen, ließ sich Maximilian von der Schwester seines besten Freundes, einer Arzthel­ferin, Blut abnehmen. Damit wurde bestätigt, dass die relevanten Werte überein­stimmen, er gesund ist und für „seinen“ Patienten reser­viert wurde. Eigentlich dachte Maximilian, dass „es sich damit erledigt hat“. Fünf Wochen später erfolgte der Anruf, der ihm mitteilte, dass ihn das Trans­plan­ta­ti­ons­zentrum des Patienten gerne als Spender haben möchte. Zwei Personen aus seinem Freun­des­kreis hatten die Erfahrung der Stamm­zell­spende bereits gemacht. Mit ihnen tauschte er sich intensiv aus. Sie bestä­tigten, dass „das alles nicht schlimm“ ist. „Meine Eltern und meine Freundin haben sich mehr Gedanken gemacht als ich! Aber ich hatte keine Bedenken und wollte einfach nur dem kranken Menschen helfen“, erinnert er sich. Mitte Januar fuhr Maximilian nach Gauting zur AKB, wo er von Kopf bis Fuß durch­ge­checkt wurde und in einem ausführ­lichen Aufklä­rungs­ge­spräch einem AKB-Arzt alle Fragen stellen konnte, die ihn beschäf­tigten. Nachdem seine Spender­taug­lichkeit bestätigt war, wurde es wirklich spannend. Etwa zwei Wochen später würde bereits die Knochen­mar­k­ent­nahme aus dem Beckenkamm statt­finden. Doch leider hatte sich parallel dazu der Gesund­heits­zu­stand des Patienten verschlechtert. So hieß es erst einmal abwarten – die Spende wurde nur fünf Tage vor dem eigent­lichen Termin auf unbestimmte Zeit verschoben.

„Als ich nach einem Monat erfuhr, dass der Patient nun doch trans­plan­tiert werden kann, habe ich mich sehr gefreut“, erinnert sich Maximilian. An einem Sonntag­nach­mittag Anfang März wurde er in der Klinik in Gauting aufge­nommen. „Meine Aufregung hielt sich noch in Grenzen, aber als ich am anderen Morgen aufwachte, merkte ich doch, dass ich nervös bin!“ Dann ging alles ganz schnell: Die Kranken­schwester kam und bereitete ihn auf den Eingriff vor. Um acht Uhr befand er sich schon im OP-Saal. „Als ich um kurz nach elf aufwachte, fragte ich mich, ob wohl schon alles vorbei wäre. Es war die erste Vollnarkose meines Lebens. Was soll ich sagen, ich empfand es fast als schön und würde es jederzeit wieder machen.“ Erfreu­li­cher­weise mussten die Ärzte statt der geplanten 1,4 Liter nur einen Liter Stamm­zell­ma­terial entnehmen, weil das Präparat sehr viele Stamm­zellen enthielt.

Den Rest des OP-Tages verbrachte Maximilian in seinem Zimmer, durchweg fürsorglich betreut durch das freund­liche Klinik­per­sonal. Der Arzt schaute ebenfalls regel­mäßig nach ihm und war mit dem Zustand nach dem Eingriff sehr zufrieden. Die Einstich­stellen am Becken machten sich kaum bemerkbar. „Es zwickt ab und an, aber das ist sehr gut auszu­halten. Ich brauchte nicht mal Schmerz­mittel. Verglichen mit dem, was der Patient erleiden muss, ist das gar nichts!“

Am nächsten Tag durfte Maximilian bereits wieder die Heimfahrt antreten. Die kommenden Tage sollte er sich noch etwas schonen, um den Heilungs­prozess der kleinen OP-Wunden nicht zu verlang­samen. „Mir ging es ganz schnell wieder gut. Insgesamt gesehen, hatte ich es mir viel schlimmer vorge­stellt, als es am Ende war. Es war ratz-fatz vorbei. Jetzt kann ich nur hoffen, dass ich meinem geneti­schen Zwilling helfen konnte und er ein neues und gesundes Leben vor sich hat.“ Maximilian wird anderen über seine Erfah­rungen bei der Stamm­zell­spende berichten und jeden motivieren, es ihm gleich zu tun. Sein neues Herzens-Motto lautet:

„Krempelt die Ärmel hoch und lasst euch typisieren – Ihr könntet der nächste Lebens­retter sein!“

Text: Dr. Cornelia Kellermann